Ein kleiner Junge kam mit strahlenden Augen und aufgeregter Stimme auf mich zu und verkündete stolz: „Nächsten Monat habe ich Geburtstag. Ich werde fünf Jahre alt!“ Ich musste lächeln, als er mir von seinem lang ersehnten Geburtstag berichtete. Er zählte die Tage bis dahin.

Dieses Gefühl einer begeisterten Erwartung empfinden viele Juden für den bevorstehenden Feiertag Schawuot. Er beginnt mit dem Sonnenuntergang Ende Mai oder Anfang Juni. „Schawuot“ ist der hebräische Begriff für „Wochen“.

Schawuot ist das einzige Fest, dessen Name für einen Countdown steht.

Schawuot ist das einzige Fest, dessen Name für einen Countdown steht. Die Zählung beginnt mit dem „Fest der ersten Früchte“, das in Zusammenhang mit dem Passahfest steht. Von da an zählen wir sieben Wochen bis zum Schawuotfest, entsprechend 5. Mose 16,9. Der griechische Begriff für dieses Wort lautet: Pentacoste (Pfingsten), was „50. Tag“ bedeutet (3. Mose 23,16). So kann man Tage oder Wochen zählen, aber in beiden Fällen geht es darum, „was zählt“. In biblischer Zeit diente dieser Countdown dazu, die erste Ernte im Frühling in Israel zu kennzeichnen (die Gerstenernte) und das Nahen der zweiten Frühlingsernte (der Weizenernte) zu erwarten.

Die Kinder Israels begannen das Fest der ersten Früchte damit, Gott ein Opfer darzubringen. Diese Opfergabe war eine Garbe Gerste, genannt „das Omer“. Daher wird der Zeitraum von 50 Tagen zwischen den beiden Feiertagen „Sefirat ha Omer“ genannt, das „Zählen ab dem Omer“. Jeder einzelne Tag wird gezählt und mit einem besonderen Segen gekennzeichnet, im Ausblick auf das Ende der Gersteernte. Der Countdown endet mit der Feier des Wochenfestes und dem Opfer der Erstlingsfrüchte der Weizenernte.

Warum machte Gott so viel Aufhebens davon, diese Tage zu zählen? Der Grund war nicht, Israel zu lehren, was wann zu ernten wäre; das konnten sie schon selbst herausbekommen. Aber Gott wollte, dass Sein Volk die Ernte erwartet, um Ihm zu danken und Ihn für Seine Versorgung zu loben – und sich gleichzeitig auf die noch ausstehende Ernte zu freuen.

Die Rabbis weisen darauf hin, dass gemäß der Thora Gott einem Ehemann und seiner Frau befahl, die Tage der Reinigung nach ihrer Regelblutung zu zählen, bis zu dem Tag, an dem sie wieder zusammenkommen dürften. Genauso, wie sich mit dem Zählen der Tage die Erwartung auf die eheliche Vereinigung vergrößerte, so sollte auch Israels Zählen der Tage dessen Erwartung auf Anbetung und geistliche Vereinigung mit Gott steigern.

Gott hat durch Seine Schöpferkraft einen Lebensrhythmus in Bewegung gesetzt. Wir Menschen werden niemals in der Lage sein, nach diesem Rhythmus zu tanzen, solange wir nicht Gottes Leitung folgen. Geistlich ausgedrückt trampeln die meisten Menschen mit zwei linken Füßen durch ihre Lebenszeit. Statt unsere Lebenstage zu zählen, wie Gott es von uns möchte, haben wir uns am Ende einfach die Zeit vertrieben. Statt auf Seine Absichten und Segnung zu warten, bemühen wir uns vergeblich, uns selbst zu verwirklichen. In der Folge davon fühlen sich die meisten Menschen hoffnungslos, gelangweilt und/oder erschöpft durch den Mangel von Zielen und Segen und ihre verzweifelten Bemühungen, diese Leere auszufüllen.

Mose betete: „So lehre uns, unsere Tage richtig zu zählen, damit wir ein weises Herz erlangen!“ (Psalm 90,12)

Gott möchte, dass jeder von uns sein Leben mit der Einstellung einer heiligen Sichtweise führt

Gott möchte, dass jeder von uns sein Leben mit der Einstellung einer heiligen Sichtweise führt, mit einer geheiligten Entschlusskraft und voll Hoffnung, die Tage zu zählen in der Erwartung all der guten Dinge, die Er in unser Leben bringen möchte.

Es gibt eine Ernte für die, die Gott suchen und versuchen, Seinen Willen und nicht ihren eigenen zu tun. Das Omerzählen sollte den Sinn erfüllen, eine Erwartung aufzubauen, weniger im Blick auf die Ernte als auf den Herrn der Ernte. Wir konzentrieren uns zu leicht auf die Gabe und nicht auf den Geber. Ein Herz voll Weisheit vom Herrn hilft uns, uns nach den rechten Dingen zu sehnen, Seine Güte und Gnade zu erwarten, nicht bloß die Dinge, die unsere weltlichen Wünsche befriedigen. Sogar diejenigen unter uns, die den Herrn kennen, finden es bisweilen schwierig, unser Leben zu führen, indem wir auf das warten, was Er möchte, statt nach unseren eigenen Begierden zu leben.

Was erwartest du gerade am meisten? Von welcher Zukunft, glaubst du, will Gott, dass sie dein Herz erfüllt? Das Leben hält viele Freuden bereit, aber auf lange Sicht ist dieses Leben zu kurz und zu schmerzhaft, um unsere Seelen wirklich zu befriedigen. Gott hat die Sehnsucht nach der Ewigkeit in unser aller Herzen gelegt, auch wenn wir das oft nicht wahrnehmen (vergleiche Prediger 3,11). Letztendlich hilft ein Herz voll Weisheit, unsere Tage auf der Erde in Erwartung der Ewigkeit zu zählen, wo es keine Zeit mehr gibt.

Mit derselben Begeisterung eines Kindes, das sich mit strahlenden Augen nach einem bedeutenden Geburtstag sehnt, sollten unsere Herzen herausschreien: „Komm schnell, Herr Jesus!“. Diejenigen von uns, die Jesus kennen, sind unter den ersten Früchten einer Ernte von Seelen, die Gott einbringen möchte. Die Ernte, die noch kommen soll, schließt Menschen ein, mit denen wir leben und arbeiten – Menschen, die wir täglich sehen. Während wir die Tage in Erwartung der Zukunft zählen, die Gott für uns vorbereitet hat, wird uns ein weises Herz lehren, uns nach der Ernte zu sehnen, die Gott noch bewirken möchte. Ein Herz voll Weisheit wird uns dahin führen, unablässig Wege zu suchen, auf denen uns Gott dazu gebrauchen könnte, die größere Ernte einzubringen – zu Seiner größeren Ehre.

Jeder Tag unseres Lebens bringt uns einen Schritt näher zur letzten Ernte der Seelen

Wir sind jetzt mitten in der Ernte bei Juden für Jesus, obwohl es nur sehr allmählich vorangeht. Wir wissen, dass Gott beabsichtigt, sich selbst durch uns und viele andere, die auf den Erntefeldern arbeiten, zu verherrlichen. Man kann das leicht aus den Augen verlieren, wenn wir vergessen, die Tage zu zählen. Aber jeder Tag unseres Lebens bringt uns einen Schritt näher zur letzten Ernte der Seelen und ich möchte auch nicht eine Getreidegarbe am Weg liegenlassen – du etwa? Lasst uns unsere Tage zählen! Lasst uns arbeiten für den Herrn der Ernte! Lasst uns vorwärts schauen auf die Zusage all dessen, was Gott für uns bereit hält!

„Und lasst uns im Gutestun nicht müde werden, denn zur rechten Zeit werden wir auch ernten, wenn wir nicht den Mut verlieren!“ (Galater 6,9)