Bleibe ich denn Jude, wenn ich Jesus nachfolge?

„Verliere ich denn meine jüdische Identität, wenn ich an Jesus glaube?“

Diese Frage stellt sich irgendwann jeder Jude, der ernsthaft über Jesus nachdenkt. Die meisten jüdischen Menschen werden in dem Glauben erzogen, Christsein sei mit einer jüdischen Identität schlicht unvereinbar. Wenn man „sein Vertrauen auf Jesus setzt“, empfindet man das daher wie eine Absage an die eigene jüdische Identität. Für Juden ist der Glaube an Jesus nicht einfach nur eine individuelle Entscheidung; wir tragen die Last ganzer Generationen auf den Schultern. Diese Menschen sind uns vorangegangen; sie haben uns zu dem gemacht, was wir heute sind; sie haben unsere Sichtweise auf unsere jüdische Identität geprägt. Wer sind wir denn, dass wir dem allen den Rücken kehren wollen?

Was ist das denn eigentlich?
„Jüdische Identität“ oder „Jüdischkeit“ ist in den vergangenen Jahrzehnten zu einem regelrechten Schlagwort innerhalb der jüdischen Gemeinschaft geworden. Juden in der westlichen Welt werden heutzutage als vollwertige Glieder einer pluralistischen Gesellschaft akzeptiert; ihnen ist nunmehr freigestellt, ob sie in der jüdischen Gemeinschaft aktiv werden wollen oder nicht. Viele jüdische Leiter und Kulturschaffende werden aufgrund von Fremdheirat und Assimilation zunehmend nervös. Die Bildung einer starken jüdischen Identität gilt deshalb inzwischen als Priorität. Aber was heißt das denn nun eigentlich?

Im 21. Jahrhundert gibt es nicht die eine und einzige Weise, als Jude zu leben

Sind damit jüdische Aktivitäten gemeint – etwa der Synagogenbesuch, das Halten des Schabbat oder koscheres Essen? Oder ist gemeint, dass man sich einfach jüdisch fühlt? Jüdisch denkt? Je nachdem, wen man fragt, könnte das alles zutreffen. Wie jüdisch muss man denn sein, um eine jüdische Identität zu haben?

Im 21. Jahrhundert gibt es nicht die eine und einzige Weise, als Jude zu leben; unterschiedliche jüdische Menschen drücken nämlich ihre individuelle jüdische Identität sehr unterschiedlich aus. Darum gibt es auch keine standardisierte „Jüdischkeit“, der alle Juden beipflichten würden. Wie es allerdings der Judaistik-Professor Adam Kirsch in der Zeitschrift „Tablet“ formuliert: „Schon die schlichte Tatsache, dass wir noch immer nachfragen, was denn Jüdischkeit bedeutet, ist ein Anzeichen dafür, dass dies nach wie vor eine Rolle spielt.“1

Unverlierbar
Die meisten Juden sind stolz darauf, Juden zu sein. Jude zu sein, ist etwas unglaublich Wertvolles – ob man nun religiös ist oder nicht. Aufgrund dieses Wertes wollen wir diese Identität nicht einfach wegwerfen. Aber sogar, wenn du dich nicht mehr als Jude identifizieren willst – diese Identität bleibt nichtsdestotrotz ein Bestandteil dessen, wer du bist und wie Gott dich geschaffen hat. Du bist und bleibst jüdisch – ob du nun koscher isst und jede Woche in die Synagoge gehst oder ob du Schweinespeck magst und nie einen Gottesdienst besuchst, ob du in Israel oder sonst irgendwo lebst, ob du nun wählen gehst oder nicht – sogar dann, wenn du dich nicht mehr länger offen als Jude identifizierst.

Jesus hat das vollkommene jüdische Leben geführt und ist als Jude gestorben.

Die Jüdischkeit Jesu
Jesus hat das vollkommene jüdische Leben geführt und ist als Jude gestorben. Seine Jünger und alle seine frühesten Nachfolger waren Juden. Das Neue Testament wurde fast ausschließlich von Juden niedergeschrieben. Jesus hat die Prophetien der hebräischen Bibel über den Messias erfüllt.
Und innerhalb der jüdischen Gemeinschaft verändert sich inzwischen die Haltung gegenüber dem Glauben an Jesus. Laut einer 2013 in den USA durchgeführten Studie des Pew Research Center sagen 34 Prozent der jüdischen Amerikaner, man könne Jude sein, auch wenn man daran glaubt, dass Jesus der Messias war.2 Mehr und mehr Juden nehmen Jesus als ihren Herrn an, führen weiterhin ein jüdisches Leben und gründen jüdische Familien. Dadurch wird die Behauptung, man könne nicht sowohl Jude als auch Christ sein, zunehmend zurückgedrängt. Es mag vielleicht widersinnig klingen – aber viele an Jesus glaubende Juden sagen, ihre jüdische Identität sei durch diesen Glauben sogar gestärkt worden.

Gott hat dich als Jude geschaffen
Wenn jüdische Identität schon für sich allein kompliziert ist, gilt das umso mehr für Juden, die sich für die Nachfolge Jesu entscheiden. Wenn es dir jedoch wichtig genug ist, wirst du auch Möglichkeiten finden, als Jesusnachfolger deine jüdische Identität auf authentische Weise zu zeigen. Bei vielen jüdischen Menschen, die sich aufgrund verschiedener Ursachen vom Hauptstrom der jüdischen Gemeinschaft oder jüdischen Praktiken entfremdet hatten, führte der Glaube an Jesus zu einer neuen Liebe gegenüber jüdischen Traditionen, Ritualen und Festtagen.

Wenn du an Jesus glaubst, bedeutet das nicht lediglich die Zustimmung zu einer bestimmten religiösen Aussage.

Wenn Jesus wirklich der Messias ist, dann stimmt jüdische Identität auch mit dem Glauben an ihn und seiner Nachfolge überein. Wenn du an Jesus glaubst, bedeutet das nicht lediglich die Zustimmung zu einer bestimmten religiösen Aussage. Es bedeutet, dass du deine jüdische Identität von ihm gestalten lässt.
Gott hat dich ganz bewusst als Jude erschaffen. Wenn der Glaube an Jesus dich nun befähigt, den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs zu entdecken – denjenigen, der das letzte Wort darüber hat, was jüdische Identität eigentlich bedeutet?

Samuel Rood, New York, Missionar
Sam und Rebekah Rood wirken als Missionare im New Yorker Zweig von Juden für Jesus. Sam leitet die Ausbildung neuer Missionare; Rebekah ist für Camp Gilgal sowie für Jüngerschaftsarbeit mit Kindern und Jugendlichen an der Ostküste verantwortlich. Juden für Jesus ist ein Missionswerk an vorderster Front, was Evangelisationsarbeit unter Juden angeht. Das Werk erzählt jüdischen Menschen in 14 Ländern und 26 Städten vom Messias.

Fußnoten

  1. Adam Kirsch, „What is a Jew?“, https://www.tabletmag.com/jewish-arts-and-culture/books/8224/what-is-a-jew; Übers. d. vorl. Zitats L.K.
  2. S. Stencel, A Portrait of Jewish Americans: Findings from a Pew Research Center Survey of US Jews [Washington, D.C.: Pew Research Center, 2013], S. 58.

Übersetzung: Lilian Kars